Donnerstag, September 30, 2021

Tiefe Schluchten von Arnaldur Indriðason

Hinter verschlossenen Fenstern

Hinter verschlossenen Fenstern geschieht viel in dieser Nacht in Reykjavík: ein Paar bereitet das Abendessen vor, ein anderes freut sich auf gemeinsamen Sex, wieder ein anderes streitet sich so heftig, dass die Nachbarn erschrecken und schlichtend eingreifen wollen. Für Valborg endet die Nacht allerdings brutal, denn sie wird brachial ermordet in ihrer eigenen Wohnung. Kommissarin Marta übernimmt den Fall, nachdem die Polizei einen anonymen Anruf zur Tat erhalten hat. In Valborgs Wohnung findet Marta Konráðs Telefonnummer. Er berichtet ihr, dass Valborg von ihm wollte, dass er ihr Kind, das sie 47 Jahre zuvor zur Adoption frei gegeben hat, aufspürt. Doch Konráð hat abgelehnt, zum einen erhält er viel zu viele solcher Anfragen und zum anderen hätte er gar nicht gewusst, wo er in diesem Fall hätte ansetzen können. Er der sich ja schon im Ruhestand befindet macht sich nun die größten Vorwürfe. Hätte er helfen können, die Tat verhindern können? Wer hat einer alten, freundlichen Dame so etwas schreckliches angetan?


Arnaldur Indriðason lässt seinen Island-Krimi mit einer Szene beginnen, die mich als Leserin beinahe in die Rolle des Fotojournalisten Jeff aus Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ versetzt, ich kann in die Fenster der Nachbarn hineinschauen und erfahre alles über sie. Diese Perspektive ist großartig und die Erzählweise des Autoren beeindruckt mich wieder einmal tief. Von der allerersten Zeile an, nimmt mich Arnaldur Indriðason gefangen und kann mich durch das Buch hindurch festhalten. Die Spannung ist atemraubend, ein wahrer Nervenkitzel. Dadurch werde ich die gesamte Lesezeit über außerordentlich gut unterhalten und es wird keine Sekunde langweilig. Mit dem pensionierten Kommissar Konráð hat der Autor wieder eine starke Persönlichkeit erschaffen, die glaubwürdig ist und an eigenen Problemen zu knabbern hat. Auch die Kommissarin Marta, die ständig E-Zigaretten dampft und über einen messerscharfen Verstand verfügt, kann sich für mich einnehmen.


Nordic Noir vom allerfeinsten, düstere isländische Stimmung mit einem Hauch von gruseliger Mystik, ja Übersinnlichkeit – das bietet dieser Island Krimi auf höchstem Niveau. Seit der erste Erlendur-Fall des Autoren in Deutschland erschienen ist, bin ich ein großer Fan und verschlinge die Roman nahezu. Auch dieses Mal bin ich ausgesucht beeindruckt und der Autor konnte mich erneut voll überzeugen. So vergebe ich natürlich fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle das Buch absolut weiter. 

 

Über den Autoren:

Arnaldur Indriðason, 1961 geboren, graduierte 1996 in Geschichte an der University of Iceland und war Journalist sowie Filmkritiker bei Islands größter Tageszeitung Morgunbladid.

Heute lebt er als freier Autor mit seiner Familie in Reykjavik und veröffentlicht mit sensationellem Erfolg seine Romane. Arnaldur Indriðasons Vater war ebenfalls Schriftsteller.

1995 begann er mit Erlendurs erstem Fall, weil er herausfinden wollte, ob er überhaupt ein Buch schreiben könnte. Seine Krimis belegen allesamt seit Jahren die oberen Ränge der Bestsellerlisten. Seine Kriminalromane "Nordermoor" und "Todeshauch" wurden mit dem "Nordic Crime Novel’s Award" ausgezeichnet, darüber hinaus erhielt der meistverkaufte isländische Autor für "Todeshauch" 2005 den begehrten "Golden Dagger Award" sowie für "Engelsstimme" den "Martin-Beck-Award", für den besten ausländischen Kriminalroman in Schweden.

Arnaldur Indriðason ist heute der erfolgreichste Krimiautor Islands. Seine Romane werden in einer Vielzahl von Sprachen übersetzt. Mit ihm hat Island somit einen prominenten Platz auf der europäischen Krimilandkarte eingenommen. (Quelle: Bastei Lübbe Verlag)

 

Original-Klappentext:

Eine Frau wird in ihrer Wohnung in Reykjavík ermordet aufgefunden. Auf dem Schreibtisch liegt ein Zettel mit Kommissar Konráðs Telefonnummer. Die Frau hatte offenbar kurz vor ihrem Tod noch angerufen und ihn angefleht, nach ihrem Kind zu suchen, das sie vor Jahrzehnten zur Adoption freigegeben hat. Konráð hatte abgelehnt. Dies bereut er nun zutiefst und will ihrer verzweifelten Bitte wenigstens postum nachkommen. Er macht sich auf die Suche nach dem Kind – nichtsahnend, welch einem tragischen Schicksal er damit auf die Spur kommt ...

 

 

 

 

Herzlichen Dank an NetGalley Deutschland und den Bastei Lübbe Verlag für die freundliche Bereitstellung eines Rezensions-Exemplars!