Nachkriegsjahre
Vor dem Zweiten Weltkrieg führen die jungen Mädchen Frida Köhle und Erna von Geest ein unbeschwertes Leben in Stettin. Die beiden könnten vom Wesen her und aufgrund ihrer Herkunft nicht unterschiedlicher sein und trotzdem werden die beiden beste Freundinnen. Beide besuchen das Konversatorium und erlernen das Klavierspielen. Frida stammt aus einer Binnenfischer-Familie und lebt von daher in eher bescheidenen Verhältnissen; Ernas Vater hingegen ist ein angesehener und einflussreicher Rechtsanwalt. Durch die Flucht aus den Ostgebieten verlieren sich Frida und Erna aus den Augen. Frida verschlägt es mit ihrer Familie in die Wesermarsch und Familie von Geest lebt von nun an in Varel. Familie Köhle lebt auf dem Bauernhof der Familie Gerken, Hero Gerken ist zusätzlich als Watt-Fischer tätig. Die Köhles sind in ihrer Bleibe zwar geduldet aber nicht erwünscht. Das Gesetz sieht vor, dass Geflüchteten Wohnraum gewährt werden muss. Für die Gehrkens bedeutet dies jedoch eine Einschränkung, obwohl sie die Köhles zur Arbeit einspannen. Werden sich die Freundinnen wieder treffen und vor allem, werden sie ihre eigenen Träume verwirklichen können?
Die Autorin Regine Kölpin beschreibt mächtig und gewaltig die Geschichte der beiden Familien Köhle und von Geest. Die Familiensaga ist außerordentlich dramatisch, geprägt von Kriegserlebnissen, deren Traumata überwunden werden müssen. Sie schildert eindrucksvoll, wie die Heimat und das bisherige Leben verloren ist. Wie sich die Menschen neu finden müssen, ihre Träume hinten anstellen müssen. Sie haben allen Besitz verloren, nur ihr Leben haben sie noch. Die einzelnen Figuren sind prächtig gezeichnet und die unterschiedlichen Charaktereigenschaften sind wunderbar zu sehen und vor allem sind sie glaubwürdig. Der Roman steckt voller Emotionen wie Hass und Zwietracht, Missgunst und auf der anderen Seite Freundschaft, Liebe, Hoffnung. Die verwendete Sprache beeindruckt mich, wunderschöne Sätze nehmen mich mit durch das Buch, die hineingestreuten plattdeutschen Bruchstücke liebe ich besonders.
Selbstverständlich vergebe ich diesem ersten Teil der Trilogie seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle das Buch so klar weiter. Leser und Leserinnen von historischen Romanen und großen Familiengeschichten kommen hier voll auf ihre Kosten. Ich selbst bin schon sehr gespannt, wie die Geschichte der Familien weiter gehen wird. In meiner eigenen Familie wurde nie viel über den Krieg und die Zeit danach gesprochen, doch einiges wie z.B. die Nächte im Bunker oder die Fremdunterbringung der Geflüchteten, kenne ich aus den Erzählungen meiner Großeltern wieder. Es ist unsagbar spannend und beeindruckend für mich, darüber zu lesen. Das Buch lässt mich demütig und nachdenklich zurück.
Über die Autorin:
Regine Kölpin, geb. 1964 in Oberhausen (NRW), lebt seit ihrer Kindheit in Friesland an der Nordsee. Sie hat zahlreiche Romane und Kurztexte publiziert und ist auch als Herausgeberin tätig. Regine Kölpin wurde mehrfach ausgezeichnet. Mit ihrem Mann lebt sie in einem kleinen idyllischen Dorf. Dort konzipieren sie gemeinsam Musik-und Bühnenprojekte und genießen ihr Großfamiliendasein mit fünf erwachsenen Kindern und mehreren Enkeln. (Quelle: Piper Verlag)
Original-Klappentext:
Salzige Luft, Meeresrauschen, der Ruf der Möwen
In ihrem Roman „Das Haus am Deich – Fremde Ufer“ erzählt SPIEGEL-Bestsellerautorin Regine Kölpin die Geschichte zweier ungleicher Freundinnen. Inspiriert von der Geschichte ihrer eigenen Familien geht es in diesem 1. Band der dreiteiligen Saga um die Jahre 1947 – 1950, um Flucht, Neuanfang und Suche nach Heimat.
1947:
Nach einer dramatischen Flucht aus Stettin findet die junge Frida mit
ihren Eltern in der Wesermarsch Zuflucht – Heimat ist es nicht. Um zu
überleben, muss die Familie auf einem Bauernhof hart arbeiten; Fridas
Traum, Pianistin zu werden, rückt in weite Ferne. Auch ihre
Kindheitsfreundin, die Anwaltstochter Erna, kann ihr nicht helfen. Denn
auch sie tut sich schwer, in Norddeutschland anzukommen, und findet
zudem bei ihren Eltern keinen Halt, als sie unehelich schwanger wird.
Erst ein kleines Haus direkt am Deich bringt Hoffnung – auf Wärme,
Zugehörigkeit, ja sogar eine neue Heimat!
Vor der
atmosphärischen Kulisse Norddeutschlands entfaltet sich in „Das Haus am
Deich“ das Schicksal zweier Frauen und ihrer Familien: wahrhaftig, atmosphärisch und bewegend!
Herzlichen Dank an NetGalley Deutschland und den Piper Verlag für die freundliche Bereitstellung eines Rezensions-Exemplars!