Die Auszeit
Offiziell befindet sich die Münchner KHK'in Patsy Logan zu einem Bildungsaustausch in Dublin. Die wahren Gründe liegen leider ganz anders. So missfällt ihr das Telefonat mit ihrem Dezernatsleiter natürlich, er unterbricht damit ihren Erholungsprozess. Doch Patsy wird gebraucht, denn in der österreichischen Botschaft in Dublin ist ein junges, deutsches Mädchen bei einem Empfang ums Leben gekommen. So unterstützt die Kommissarin das irische Team und gerät schnell in ein Wirrwarr aus Macht und Bauwirtschaft samt schmutzigen Geldgeschäften rund um die aufstrebende Großstadt Dublin, dem Herzen Irlands.
Die Autorin schafft eine perfekte und
fühlbare Stimmung. Die Stadt Dublin atmet förmlich und ich sehe das
pulsierende Treiben nahezu vor mir. Die Kriminalhauptkommissarin
Patricia "Patsy" Logan ist völlig ausgebrannt und benötigt
eine Auszeit. Die Figur ist absolut glaubwürdig dargestellt, ihre
Stimmung und ihre Gefühle sind herrlich gezeichnet, gerne folge ich
ihr und finde sie liebenswert auf ihre eigene, spezielle Art. Die
Nebenfiguren stecken ebenfalls voller Blut und somit Leben und passen
sich hervorragend in den Reigen um Gentrifizierung und Verbrechen
ein. Der Fall selbst ist zunächst unübersichtlich strukturiert,
viele Schauplätze werden gezeigt und die Zusammenhänge sind nicht
sofort ersichtlich. Das treibt die Spannung hoch, das Tempo ist dabei
rasant und variabel gewählt. Gekonnt sind Cliffhanger eingebaut -
Wendungen und Twists dabei brillant gesetzt. Ich fühle mich prächtig
unterhalten. Auch wenn der Begriff vielleicht abgedroschen klingt,
hier halte ich einen wahren Pageturner in den Händen. Die Geschichte
fesselt mich und die Autorin kann mich die ganze Zeit über halten
und mitnehmen, auf einem gefährlichen Ritt durch Dublin.
So
klar vergebe ich hier wohlverdiente fünf von fünf möglichen
Sternen und spreche dem Buch eine absolute Leseempfehlung aus. Dieser
Krimi lebt und reißt uns Leser und Leserinnen förmlich mit,
Großstadt-Gefühle werden produziert und Großstadt-Gefahren gleich
mit geliefert. Mich haben das Buch sowie die Autorin Ellen Dunne
begeistert, sehr gerne lese ich bald wieder von ihr.
Über die Autorin:
Ellen Dunne ist in Salzburg geboren, aber folgte ihrer Sehnsucht nach dem Meer – und lebt heute als Texterin und Schriftstellerin südlich von Dublin. Seit 2010 lässt sie ihre deutsch-irische Kommissarin Patsy Logan ermitteln, zuletzt in „Schwarze Seele“ und „Harte Landung“. Und das kann ganz schön erfrischend sein: Für die Recherche zu „Boom Town Blues“ wagte Dunne sich nach 17 Jahren auf der Insel zum ersten Mal in die Irische See. (Quelle: Haymon Verlag)
Original-Klappentext:
Dublin zwischen Boom und Brexit: Ein Giftmord in besten Kreisen, eine taumelnde Stadt und eine Ermittlerin, die dringend eine Pause braucht.
Patsy Logan ist raus … und
mittendrin
Patsy Logan, Kommissarin des Münchner LKA, nimmt sich
Bildungszeit, so heißt es zumindest offiziell. Inoffiziell sucht sie
in Dublin Zuflucht vor privaten Sorgen und beruflichem Ärger: Ihre
Ehe kriselt, der unerfüllte Kinderwunsch belastet sie schwer und der
verdiente Karrieresprung wird ihr zugunsten eines männlichen
Kollegen verwehrt. Doch Patsy will in Irland nicht nur Abstand von
ihrem Alltag gewinnen. Sie möchte auch Hinweisen von Menschen
nachgehen, die ihren Vater lebend in Dublin gesehen haben wollen. Das
ist einigermaßen verwirrend, denn: Patsys Vater ist seit vielen
Jahren tot. Als in der österreichischen Botschaft eine junge
deutsche Praktikantin mit Blausäure vergiftet wird, ist es mit
Patsys Auszeit und ihren privaten Nachforschungen schlagartig vorbei
und sie muss zurück zu ihrer alten Stärke finden. Zusammen
mit dem irischen Team und dem Kollegen Sam Feuerstein nimmt sie die
Ermittlungen auf – und blickt mitten in die hässliche Fratze von
Ausbeutung und Kapitalismus.
Dublin im Taumel
Die
Immobilienpreise explodieren im Wirtschaftsboom, der auf die
verheerende Finanz- und Wirtschaftskrise der 2000er folgt. Habgier
und Gewinnsucht haben die Stadt wie ein Fieber befallen. Sogenannte
Vulture Hunters treiben ihr Unwesen: In der Krise billig erworbene
Immobilien und Kredite werden nun mit horrenden Zinsen in kürzester
Zeit fällig und treiben die betroffenen Schuldner*innen in die
Verzweiflung. Gentrifizierung, zerstörte Lebensträume und
zerbrochene Familien prägen den Geist einer pulsierenden Stadt,
haben so gar nichts mit der nostalgischen Postkarten-Idylle im
Reisekatalog gemein. Hier herrscht das Gesetz der Stärkeren, hier
öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter. Hier
entscheiden einige wenige aufstrebende Karrierist*innen auf ihrem Weg
nach ganz oben über die Leben derer, die strampelnd versuchen, sich
über Wasser zu halten …
Ein Kriminalroman, der deinen
Gerechtigkeitssinn auf eine harte Probe stellen wird
Boom Town
Blues ist ein Krimi auf allen Ebenen. Die Mord-Ermittlungen
werden von der Öffentlichkeit mit Interesse beobachtet, denn: Der
Giftanschlag in der Botschaft war kein persönlich motivierter Mord,
es geht um Big Business und um viel Geld. Ellen Dunne eröffnet dir
die skrupellose Welt der Vulture Funds und die immer weiter
auseinanderdriftenden Realitäten von jenen „ganz oben”, der
Mittelschicht und Menschen, die zum Leben zu wenig haben. Du fühlst
mit den Verlierer*innen des kapitalistischen Systems, aber auch mit
jenen, die privat alles opfern für die nächste Stufe auf der
Karriereleiter – und dabei täglich einsamer werden. Und du
fieberst mit Patsy, deren private Situation sich zuspitzt, als die
Vergangenheit plötzlich beängstigend lebendig wird. Sie braucht all
ihren schwarzen Humor, um den Herausforderungen zu begegnen, die das
Leben ihr entgegenwirft – Selbstironie inklusive.
Herzlichen Dank an NetGalley Deutschland und den Haymon Verlag für die freundliche Bereitstellung eines Rezensions-Exemplars!