Dienstag, Februar 22, 2022

Boom Town Blues - Ein Fall für Patsy Logan von Ellen Dunne

 

Die Auszeit

Offiziell befindet sich die Münchner KHK'in Patsy Logan zu einem Bildungsaustausch in Dublin. Die wahren Gründe liegen leider ganz anders. So missfällt ihr das Telefonat mit ihrem Dezernatsleiter natürlich, er unterbricht damit ihren Erholungsprozess. Doch Patsy wird gebraucht, denn in der österreichischen Botschaft in Dublin ist ein junges, deutsches Mädchen bei einem Empfang ums Leben gekommen. So unterstützt die Kommissarin das irische Team und gerät schnell in ein Wirrwarr aus Macht und Bauwirtschaft samt schmutzigen Geldgeschäften rund um die aufstrebende Großstadt Dublin, dem Herzen Irlands.




Die Autorin schafft eine perfekte und fühlbare Stimmung. Die Stadt Dublin atmet förmlich und ich sehe das pulsierende Treiben nahezu vor mir. Die Kriminalhauptkommissarin Patricia "Patsy" Logan ist völlig ausgebrannt und benötigt eine Auszeit. Die Figur ist absolut glaubwürdig dargestellt, ihre Stimmung und ihre Gefühle sind herrlich gezeichnet, gerne folge ich ihr und finde sie liebenswert auf ihre eigene, spezielle Art. Die Nebenfiguren stecken ebenfalls voller Blut und somit Leben und passen sich hervorragend in den Reigen um Gentrifizierung und Verbrechen ein. Der Fall selbst ist zunächst unübersichtlich strukturiert, viele Schauplätze werden gezeigt und die Zusammenhänge sind nicht sofort ersichtlich. Das treibt die Spannung hoch, das Tempo ist dabei rasant und variabel gewählt. Gekonnt sind Cliffhanger eingebaut - Wendungen und Twists dabei brillant gesetzt. Ich fühle mich prächtig unterhalten. Auch wenn der Begriff vielleicht abgedroschen klingt, hier halte ich einen wahren Pageturner in den Händen. Die Geschichte fesselt mich und die Autorin kann mich die ganze Zeit über halten und mitnehmen, auf einem gefährlichen Ritt durch Dublin.


So klar vergebe ich hier wohlverdiente fünf von fünf möglichen Sternen und spreche dem Buch eine absolute Leseempfehlung aus. Dieser Krimi lebt und reißt uns Leser und Leserinnen förmlich mit, Großstadt-Gefühle werden produziert und Großstadt-Gefahren gleich mit geliefert. Mich haben das Buch sowie die Autorin Ellen Dunne begeistert, sehr gerne lese ich bald wieder von ihr.

 

Über die Autorin:

Ellen Dunne ist in Salzburg geboren, aber folgte ihrer Sehnsucht nach dem Meer – und lebt heute als Texterin und Schriftstellerin südlich von Dublin. Seit 2010 lässt sie ihre deutsch-irische Kommissarin Patsy Logan ermitteln, zuletzt in „Schwarze Seele“ und „Harte Landung“. Und das kann ganz schön erfrischend sein: Für die Recherche zu „Boom Town Blues“ wagte Dunne sich nach 17 Jahren auf der Insel zum ersten Mal in die Irische See. (Quelle: Haymon Verlag)


Original-Klappentext:

Dublin zwischen Boom und Brexit: Ein Giftmord in besten Kreisen, eine taumelnde Stadt und eine Ermittlerin, die dringend eine Pause braucht.

Patsy Logan ist raus … und mittendrin
Patsy Logan, Kommissarin des Münchner LKA, nimmt sich Bildungszeit, so heißt es zumindest offiziell. Inoffiziell sucht sie in Dublin Zuflucht vor privaten Sorgen und beruflichem Ärger: Ihre Ehe kriselt, der unerfüllte Kinderwunsch belastet sie schwer und der verdiente Karrieresprung wird ihr zugunsten eines männlichen Kollegen verwehrt. Doch Patsy will in Irland nicht nur Abstand von ihrem Alltag gewinnen. Sie möchte auch Hinweisen von Menschen nachgehen, die ihren Vater lebend in Dublin gesehen haben wollen. Das ist einigermaßen verwirrend, denn: Patsys Vater ist seit vielen Jahren tot. Als in der österreichischen Botschaft eine junge deutsche Praktikantin mit Blausäure vergiftet wird, ist es mit Patsys Auszeit und ihren privaten Nachforschungen schlagartig vorbei und sie muss zurück zu ihrer alten Stärke finden. Zusammen mit dem irischen Team und dem Kollegen Sam Feuerstein nimmt sie die Ermittlungen auf – und blickt mitten in die hässliche Fratze von Ausbeutung und Kapitalismus.


Dublin im Taumel 
Die Immobilienpreise explodieren im Wirtschaftsboom, der auf die verheerende Finanz- und Wirtschaftskrise der 2000er folgt. Habgier und Gewinnsucht haben die Stadt wie ein Fieber befallen. Sogenannte Vulture Hunters treiben ihr Unwesen: In der Krise billig erworbene Immobilien und Kredite werden nun mit horrenden Zinsen in kürzester Zeit fällig und treiben die betroffenen Schuldner*innen in die Verzweiflung. Gentrifizierung, zerstörte Lebensträume und zerbrochene Familien prägen den Geist einer pulsierenden Stadt, haben so gar nichts mit der nostalgischen Postkarten-Idylle im Reisekatalog gemein. Hier herrscht das Gesetz der Stärkeren, hier öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter. Hier entscheiden einige wenige aufstrebende Karrierist*innen auf ihrem Weg nach ganz oben über die Leben derer, die strampelnd versuchen, sich über Wasser zu halten …


Ein Kriminalroman, der deinen Gerechtigkeitssinn auf eine harte Probe stellen wird
Boom Town Blues ist ein Krimi auf allen Ebenen. Die Mord-Ermittlungen werden von der Öffentlichkeit mit Interesse beobachtet, denn: Der Giftanschlag in der Botschaft war kein persönlich motivierter Mord, es geht um Big Business und um viel Geld. Ellen Dunne eröffnet dir die skrupellose Welt der Vulture Funds und die immer weiter auseinanderdriftenden Realitäten von jenen „ganz oben”, der Mittelschicht und Menschen, die zum Leben zu wenig haben. Du fühlst mit den Verlierer*innen des kapitalistischen Systems, aber auch mit jenen, die privat alles opfern für die nächste Stufe auf der Karriereleiter – und dabei täglich einsamer werden. Und du fieberst mit Patsy, deren private Situation sich zuspitzt, als die Vergangenheit plötzlich beängstigend lebendig wird. Sie braucht all ihren schwarzen Humor, um den Herausforderungen zu begegnen, die das Leben ihr entgegenwirft – Selbstironie inklusive.



 

 

Herzlichen Dank an NetGalley Deutschland und den Haymon Verlag für die freundliche Bereitstellung eines Rezensions-Exemplars!