Welche Farbe hat das Leben?
Die siebzehnjährige Emilia ist ganz
auf sich gestellt. Der Vater hat die Familie früh verlassen, die
Mutter ist bereits verstorben. Nach dem endgültigen Zerwürfnis mit
ihrer Großmutter lebt Emilia nun allein in einer eigenen Wohnung,
die das Jugendamt finanziert. Durch die Stränge und Dominanz der
Großmutter ist Emilia überbehütet und dadurch etwas naiv in ihren
Handlungen. Sie bricht aus ihrem Leben aus, indem sie sich in Alkohol
und Drogen flüchtet. Sie verliert komplett den Halt, findet
Erfüllung in kurzen Beziehungen, die ihr nur den schnellen Sex
bringen sollen. Zu tiefen Gefühlen und gar Bindungen scheint Emilia
nicht fähig zu sein. Ist sie eine Gestörte? - Das bleibt zunächst
offen. Auf jeden Fall jedoch ist sie eine Getriebene; wird sie
finden, was sie sich ersehnt?
Mit Emilia ist dem Autoren Jonas Zauels
in seinem Debütroman „Alle Farben der Nacht“ eine Hauptfigur
geglückt, die brillanter nicht hätte sein können. Die Situation um
das Mädchen spitzt sich im Roman immer mehr zu, der Autor gibt die
Geschichte nach und nach preis. Und doch bleibt dem Leser viel Raum
für Interpretation. Mich persönlich bringt Jonas Zauels zum
Nachdenken und die Story wird mich noch eine Weile beschäftigen. Der
Schreibstil ist beeindruckend, Jonas Zauels lässt die Wirklichkeit
mit der Phantasie verschmelzen. Er tut dies mit auserwählten Worten,
die Sprache ist klar und präzise sowie modern und jung. Abgerundet
wird das Werk durch gute und fesselnde Dialoge. Das verwendete Tempo
ist angenehm und mitreißend; der Autor kann mich das gesamte Buch
hindurch fesseln und ich habe dem Ende und somit der Auflösung
geradezu entgegengefiebert.
Mein Urteil: fünf von fünf möglichen
Sternen und eine unbedingte Leseempfehlung an alle Leser, die sich
für Coming-of-Age-Romane interessieren. Dieses wunderbare Debüt hat
mir unterhaltsame Lesestunden gebracht und viele Denkanstöße
vermittelt. Der Roman ist insgesamt ausdrucksstark, literarisch
hochwertig und fast schon poetisch – mit vielen unvergesslichen
Lieblingssätzen.
Herzlichen Dank an den Ulrike Helmer Verlag für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.