Die Berufung
Es ist der 19. August im Jahre 1892, in
Hamburg feiert Martha Westphal ihren vierzehnten Geburtstag. Ihre
Mutter hat ihr zwanzig Pfennige zur freien Verfügung überlassen.
Das ist enorm viel Geld für das Mädchen. Martha legt das Geld in
Süßigkeiten an, die sie später am Tag mit ihren jüngeren
Geschwistern Heinrich und Anna teilen möchte. Doch der Tag nimmt
nicht den erhofften Verlauf, Marthas heile Welt beginnt zu bröckeln.
Ihre beste Freundin muss einen Lebensweg einschlagen, von dem Martha
nahezu schockiert ist, gerne hätte sie der Freundin diesen Weg
erspart. Aber damit nicht genug, als Martha nach Hause, ins
Gängeviertel kommt, ist die kleine Schwester erkrankt. Wie die
Mutter annimmt, hat sich Anna wieder einmal mit einer Magen- und
Darmgrippe infiziert. Sie schickt das Mädchen erneut hinaus.
Aufgewühlt begibt sich Martha zum Hafen, nimmt dort Platz und
beobachtet das geschäftige Treiben. Auf diese Weise findet sie
bislang immer ihre Ruhe und Kraft zurück. Noch kann das Mädchen
nicht ahnen, dass von nun an sein Leben auf dem Kopf steht und es
erwachsen werden muss. Denn von nun an verändert sich alles ...
Beim Lesen fühle ich mich sofort ins
Hamburg des Jahres 1892 hinein versetzt, kann den Trubel und die
ärmlichen Verhältnisse im Arbeiterviertel Hamburgs wie in einem
Kinofilm vor mir ablaufen sehen. Die einzelnen Szenen sind voller
liebevoller Details gezeichnet und das Milieu ist fassbar und
lebendig. Brillant erzählt und mit Figuren voller Charakter und
Echtheit, das ist die neue Serie um die Hafenschwester Martha, die
sich durch ein schweres Leben und harte Zeiten kämpft, aber immer,
unbeirrt ihren Traum vor Augen hat und ihn für sich umsetzt. Gefühle
wie Liebe, Abscheu, Rivalität, Freundschaft, Zusammenhalt all die
finden Platz in diesem Roman und die Autorin kann sie fassbar
umsetzen und ehrlich und glaubhaft rüber bringen. Ihre Figuren sind
zumeist liebenswert, doch natürlich gibt es auch den einen oder
anderen Stinkstiefel, in ihrer Gesamtheit spielen sie jedoch
hervorragend zusammen. Sprache und Schreibstil der Autorin sind
einzigartig und auf höchstem Niveau angesiedelt, trotzdem in einer
Leichtigkeit erzählt, so dass ich nichts als Freude beim Lesen
empfinde. Die Dialoge reißen mich mit, unterstützen die Dynamik der
Story grandios. Viele Gedanken und Sätze sind sofort zu Lieblingen
erkoren und unvergesslich.
Egal was ich von der Autorin bisher
gelesen habe, ob Thriller, historischer Roman oder Sachbuch, ich
fühle mich bei der Lektüre ihrer Bücher immer und stets
außerordentlich gut unterhalten. Bewundernswert recherchiert ist
hier alles stimmig und ausgefeilt: die Zeit, das Leben der
unterschiedlichen Schichten, die Sprache, die Figuren und die
Geschichte selbst. Die Autorin Melanie Metzenthin verfügt über ein
immenses Wissen über die Historie der Medizin und der Stadt Hamburg
und sie kann uns Lesern dies auf wunderbare Weise nahe bringen.
Deshalb vergebe ich hier natürlich
fünf von fünf möglichen Sternen, ernenne dieses Buch zu einem
meiner Herzensbücher und empfehle es so klar weiter. Gerade
Liebhaber historischer Romane werden nicht enttäuscht. Gleichwohl
ist dieses Buch auch ein Buch über die Emanzipation, die Rolle der
Frau in unserer Gesellschaft. Auf den nächsten Band freue ich mich persönlich
bereits jetzt! Liebe Leser, bitte dieses Buch unbedingt lesen!
Herzlichen Dank an das Bloggerportal
von der Randomhouse-Gruppe für die freundliche Bereitstellung eines
Rezensions-Exemplars. Es ist so beglückend, dass ich dieses Buch
lesen durfte!
Über die Autorin:
Authentische Erzählungen vergangener
Zeiten: Melanie Metzenthin, geboren 1969 in Hamburg, ist
hauptberuflich Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Zu
ihren Patienten gehörten lange Zeit sowohl traumatisierte Menschen
als auch psychisch kranke Straftäter.
Ihre berufliche Erfahrung bringt sie
gern in ihre Arbeit als Schriftstellerin ein. Viele ihrer Figuren
profitieren so von einer Tiefe, die ihnen viel Glaubwürdigkeit
verleiht.
Melanie Metzenthin veröffentlicht bei
verschiedenen deutschen Verlagen hauptsächlich historische Romane,
in denen die Medizin und häufig auch die Psychiatrie eine wichtige
Rolle spielen. (Quelle: Lovelybooks.de)
Hier noch einmal der
Original-Klappentext zum Nachlesen:
Hamburg, 1892: Die Cholera erschüttert
die Stadt an der Elbe und fordert tausende Opfer. Als Marthas Mutter
stirbt, muss sie das Überleben ihrer Familie sichern. Die junge Frau
aus dem armen Gängeviertel ergattert eine Lehrstelle am Eppendorfer
Krankenhaus und arbeitet sich bis zur OP-Schwester hoch. Während die
Ärzte sich im Wettlauf gegen die Zeit befinden, ist Hamburg auch im
politischen Umbruch: Die Hafenarbeiter streiken, die Frauen kämpfen
ums Wahlrecht und für die Rechte von Prostituierten. Martha schließt
sich der Frauenbewegung an und führt gleichzeitig ihren ganz
persönlichen Kampf. Denn sie hat nicht nur die Liebe zur Medizin
entdeckt, sondern – gegen die strengen Regeln am Krankenhaus –
auch zu einem jungen Mann.