Pici vom Mädchen zur starken, tapferen Frau
Elisabeth Scheer
genannt Pici wurde 1924 in Carei, einer kleinen Stadt im heutigen
Nordwesten Rumäniens liegend, nahe der ungarischen Grenze, geboren.
Die vierte Tochter eines Holzhändlers, ein Bruder sollte später
noch folgen, verlebte ihre ersten Jahre als eine äußerst strebsame
Schülerin, die das Lernen über alles liebte. Schon früh begannen
Beschimpfungen gegen Juden auszubrechen, im Jahre 1934 dann musste
Pici die deutsche Schule verlassen und stattdessen die staatliche,
rumänische Schule besuchen. Um auf dem von ihr gewohnten
Bildungslevel zu bleiben, musste das Mädchen die rumänische Sprache
lernen und sich den Stoff ihrer neuen Schulklasse schnell aneignen.
Sie war so sehr damit beschäftigt, dass sie die Weltenlage um sich
herum gar nicht mitbekam. Das sollte sich bald ändern, eine traurige
Zeit begann ...
Der Autor Robert Scheer
hat 2014 den 90. Geburtstag seiner Großmutter zum Anlass genommen,
sich ihre Lebensgeschichte erzählen zu lassen. Er hat die Gespräche
auf Tonband mitgeschnitten und sie frei erzählen lassen, nur
manchmal hat er einfühlsam Stichworte eingeworfen, um ihre Gedanken
wieder in die Bahn zu bringen. Beim Lesen wird mir deutlich, dass
Frau Scheer noch hätte viel mehr erzählen können und noch weitaus
mehr Geschichten aus ihrem Leben hätte erzählen können. Schön
fand ich auch die Episoden, wenn der Großsohn mit der Großmutter
über Situationen und politische Lagen diskutiert hat. Für mich als
Leserin fühlte es sich dann an, als wäre ich zum Kaffee eingeladen
und könnte der Konversation lauschen. Somit ist das Buch ein
wichtiges Stück Zeitgeschichte, es zeigt den Lebensweg der Elisabeth
Scheer beginnend von ihrer frühen Kindheit, in der es abstoßender
weise bereits die ersten Beschimpfungen gab, über das wohl
schlimmste Kapitel der Menschheit, dem Holocaust, den Elisabeth
Scheer überlebt hat. Elisabeth und Robert Scheer lassen uns Leser
dankenswerter Weise teilhaben an einem unglaublichen und
unvorstellbaren Schicksal, dessen Bewältigung und ihrem eigenen
Stück Familiengeschichte.
Von Herzen gerne
vergebe ich dem Buch seine wohlverdienten fünf von fünf möglichen
Sternen und wünsche ihm, dass es noch viele, viele Leser findet,
optimal wäre die Aufnahme in die Lektüreliste deutscher Schulen, um
das Vergessen dieses bitteren Abschnittes der Geschichte zu stoppen
und ein Wiederholen zu verhindern. Unbedingt empfehlen möchte ich
das Buch allen Lesern, die sich mit der persönlichen Geschichte von
Elisabeth Scheer auseinandersetzen möchten, einer starken, tapferen
Frau mit dem Herzen auf dem rechten Fleck.
Herzlich bedanken möchte ich mich bei Frau Jana Reich vom Marta Press Verlag für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplares.