Ein Sommer, der alles verändern soll
Im Sommer
1959 erhält das fiktive Dörfchen Grösitz Besuch von einem
christlichen Zeltlager. Die Gemeinschaft wird geleitet von einem
gewissen Paul Schäfer. Die Mädchen Ruth und Christa aus dem Ort
kommend, fühlen sich gleich angezogen von einem der Mitglieder, dem
charismatischen Erich. Letztendlich verlieben sich die Freundinnen
nahezu gleichzeitig in den jungen Mann. Zum ersten Mal in ihrem Leben
erfahren Ruth und Christa gegenseitige Eifersucht und Lügen sowie
Heimlichkeiten. Doch etwas weitaus Schlimmeres soll ihrer beider
Leben schließlich entscheidend verändern.
Ich muss
zugeben, dass mich dieses Buch zunächst einmal sprachlos zurück
gelassen hat. Das Schicksal der Menschen, die ihr Leben in der
Colonia Dignidad unfreiwillig verbringen mussten, geht mir nahe und
wird mich bestimmt noch eine Weile beschäftigen. Sicher hatte ich
vorab durch die Berichterstattung der Presse von der Psycho-Sekte
gehört, mich aber bisher nicht näher mit dem Thema auseinander
gesetzt. Der Autorin Anja Jonuleit ist es gelungen, die fiktive
Geschichte ihres Buches „Rabenfrauen“ perfekt in das tatsächlich
Geschehene, in die wirklichen geschichtlichen Ereignisse, hinein zu
verweben. Der Roman ist in drei Erzählsträngen angelegt. Anja
Jonuleit lässt dabei abwechselnd ihre drei weiblichen Hauptfiguren
zurück blicken. Alle drei sind durch ihre Schicksale und Familien
mit der Colonia Dignidad verstrickt. Durch die verschiedenen Stränge
steigert die Autorin die Spannung und Dramatik der brisanten Story
noch einmal mehr. Satzbau und Sprache der Autorin sind brillant, ihr
Schreibstil ist faszinierend. Mich hat Anja Jonuleit von der ersten
bis zur letzten Seite mitnehmen und fesseln können; ich musste das
Buch einfach in kürzester, möglicher Zeit durchlesen, so sehr hat
mich das Schicksal der Protagonisten beeindruckt.
Nur zu
gerne vergebe ich dem Buch seine mehr als wohlverdienten fünf von
fünf möglichen Sternen und empfehle es unbedingt weiter an Leser,
die Familiengeschichten vor einem tatsächlichen, geschichtlichen
Hintergrund lieben. Besonders aufmerksam machen möchte ich zudem
auch auf den Film aus dem Jahre 2015 „Colonia“, verfilmt von
Florian Gallenberger, durch den man noch einmal tiefere Einblicke und
zusätzliche Bilder in das Leben der Sekte, erhält.